Gesetzliche Vorgaben und ein größerer gesellschaftlicher Druck stellen Schmelzöfen vor neue Herausforderungen: Eine Beheizung mit Öl oder Gas wird durch EU-Richtlinien und deutsche Klimaschutzziele immer unrentabler. Eine Lösung könnten Hybridöfen darstellen, die je nach Strommix dynamisch zwischen verschiedenen Energieträgern wechseln - doch technisch gibt es vor allem bei größeren Anlagen Schwierigkeiten bei der Umsetzung.
CO2-Ziele in Deutschland und der EU Erst das Pariser Klimaschutzabkommen, dann die Klimagipfel in Bonn und Kattowice und schließlich zahlreiche öffentliche Diskurse machen deutlich: Der Klima- und Umweltschutz wird in der Wirtschaft zukünftig einen großen Stellenwert besitzen. Bis 2020 möchte Deutschland 60 Prozent weniger CO2 ausstoßen als 1990 - und dieses Ziel ist noch nicht in Sichtweite. Auch der CO2-Zertifikatehandel ist umstritten. Deswegen ist ein Umdenken in der Schwerindustrie nötig: Gas, Koks und Kohle als Energieträger sind nicht dauerhaft verfügbar, sodass zumindest ein zweigleisiger Ansatz sinnvoll erscheint.
Schon jetzt gibt es zahlreiche Lösungen, die auf elektrische Schmelzverfahren setzen - dies jedoch größtenteils aus prozesstechnischen Gründen. Aber auch der Klimaschutz kann mit einem Hybridsystem aus Gas- und Elektro-Ofen profitieren. Sollte das deutsche Stromnetz besonders von erneuerbaren Quellen gespeist werden, könnten Hybridöfen dynamisch von klassischen Verbrennungsprodukten auf Ökostrom umsteigen. Die Klimabilanz könnte dadurch vor allem tagsüber verbessert werden.
Alleine ein Blick in die Zukunft verrät, wie wichtig ein Umdenken ist: Bis 2050 sollen laut Bundesregierung erneuerbare Energiequellen 80 Prozent des gesamten Energiebedarfes decken, nur 20 Prozent kommen aus fossilen Brennstoffen. Kohle, Erdgas und Öl fallen als Heizquelle also größtenteils weg.
Die Herausforderung ist, für den Übergang gerüstet zu sein: Hybridsysteme benötigen Redundanz, doppelte Elektronik, häufigere Wartungen und geschultes Personal. Gewinne sind trotz Einsparungen durch eine effizientere Rohmetallproduktion wegen höherer Betriebs- und Anschaffungskosten schwerer zu erwirtschaften.
Viele Verfahren führen zum Ziel
Es gibt zahlreiche Verfahren, die Schmelz- oder Erhitzungsprozesse über elektrische Energie ermöglichen. Zu den direkt erwärmenden Verfahren zählen Induktivheizungen, die häufig bei Dünnblechen und der spezifischen Erhitzung kleiner Bereiche eingesetzt werden. Dazu kommen dielektrische und konduktive Verfahren.
Die indirekt erwärmenden Lösungen sind vielfältig. Am klassischsten sind Widerstands-Heizleiter. Beim Einsatz von Nichrome-Widerständen werden Temperaturen von bis zu 1.200 Grad Celsius erreicht. Graphit-Leiter sind in der Lage, bis zu 2.000 Grad zu erreichen. Für viele Öfen reichen diese Temperaturen bereits aus.
Lichtbogenöfen erreichen Höchsttemperaturen von bis zu 10.000 Grad und können in großen Anlagen dank der hohen Wirkleistung jenseits der 100 Megawatt jährlich mehr als eine Million Tonnen Rohstahl einschmelzen. Die auch EAF (Electric Arc Furnace) genannten Öfen sind inzwischen für mehr als ein Viertel des erzeugten Stahls verantwortlich, unter anderem, da kaum eine andere Schmelztechnik in Sachen Recycling konkurrieren kann. Die Wiederaufbereitung aus nicht mehr benötigten Stählen gewinnt in Zukunft weiter an Bedeutung, da deutlich weniger Energie benötigt wird als bei der Gewinnung aus Roh-Erzen.
Ein Lichtbogenofen braucht neben elektrischer Energie auch Gase, die der Klimabilanz prinzipiell schaden. Zusätzliche Brenner fügen dem Prozess etwa Erdgas und Sauerstoff hinzu, um sauberer zu heizen. Trotzdem ist die CO2-Bilanz im Vergleich zu einem normalen Ofen besser, auch der Gesamt-Energiebedarf pro Tonne produziertem Stahl liegt niedriger.
Ofen Nach- oder Umrüsten nur teils wirtschaftlich
Die Umrüstung von spezialisierten und groß skalierten Anlagen ist besonders schwierig. Foto: Ant Rosetzky, CC-0
Theoretisch können größere Stoßöfen von Gas auf elektrische Heizelemente umgerüstet werden. NiCr-Heizelemente erreichen bis zu 1.200 Grad und können dementsprechend für viele Metalle eingesetzt werden. Im direkten Vergleich zwischen Gas- und E-Ofen in einer Größe von ca. 20 x 15 Metern und einer Produktionsleistung von ca. 200 Tonnen pro Stunde liegt der Gasofen bei einem Wirkungsgrad von 60-70 Prozent, der elektrisch beheizte Ofen liegt bei bis zu 85 Prozent. Für eine Tonne Rohstahl werden im Gasofen 300 kWh benötigt, die Schmelze mit Widerstandsheizelementen liegt bei ca. 60 kWh weniger.
Auch Wasserstoff ließe sich als Energieträger einsetzen. Es bietet sich gleichzeitig als Reduktionsmittel in der Produktion an. Allerdings gibt es in Deutschland noch kein bestehendes Wasserstoffnetz, welches ähnlich wie beim Erdgas eine nationale Distribution und Ausfallsicherheit gewähren könnte. Der Erfolg von Wasserstoff für Öfen hängt maßgeblich davon ab, ob für die Elektromobilität ein solches Netz gebaut wird oder Akkus weiterhin Stromquelle Nummer 1 bleiben.
Das Umrüsten ist zwar ein kostspieliger Prozess. Die Ausstattung mit elektrisch betriebenen Heizelementen bietet allerdings einige Vorteile, auch wegen der Unabhängigkeit von Gas und anderen Brennstoffen, die klimaschädliche Nebenprodukte ausstoßen. Die Nutzung von E-Öfen wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen, eine Umrüstung auf Strom ist vielleicht eines Tages gar unumgänglich.