Dr. Heinz Autischer ist der Global Head of ANDRITZ METALS. Seinen Doktor erlangte er im Wirtschaftsingenieurswesen, seit 20 Jahren ist er bei ANDRITZ beschäftigt. Seit fünf Jahren kümmert er sich als Group Senior Vice President um das Metall-Geschäftsfeld.
Wie bewerten Sie die aktuelle Situation in der Metall- und Stahlindustrie im Allgemeinen?
Das Jahr 2018 war geprägt von einer starken Investitionsaktivität in der Stahlindustrie, vor allem in unseren wichtigsten Märkten China, Europa und USA. Haupttreiber ist der Leichtbau in der Automobilindustrie, unter anderem die dafür notwendigen hochfesten Stähle. ANDRITZ bietet hier innovative Lösungen für das Beizen, Kaltwalzen, Wärmebehandeln und Beschichten.
Global gesehen gibt es in der Stahlindustrie laut verfügbarer Marktdaten einen neuen historischen Wert bei den Überkapazitäten. Die weltweite Kapazitätsauslastung im Jahr 2018 liegt bei ca. 76%, d.h. wir sprechen von ca. 550 Millionen Tonnen nicht genutzter Produktionsmöglichkeiten. Das stärkste Wachstum in der Stahlproduktion ist weiterhin in China zu beobachten. Der weltweite Verbrauch von Stahl ist 2018 knapp 4% angestiegen, hauptsächlich getrieben durch Asien; wir rechnen mit einer Verlangsamung in 2019 auf 1 bis 2%. Der globale Export von Stahl beträgt ca. 30% der Produktionsmenge. Durch protektionistische Handelsbeschränkungen sinkt das Handelsvolumen (2018 um ca. 7-8%). Die Preise von Flachstahl sind von Beginn 2016 bis Ende Quartal 3/2018 gestiegen, was 2018 zu sehr guten Ergebnissen bei den meisten unseren Kunden geführt hat.
Was bedeutet für Sie Industrie 4.0?
ANDRITZ beschäftigt sich in drei wesentlichen Gebieten mit der digitalen Transformation. Wir haben diese digitalen Aktivitäten unter der ANDRITZ-Technologiemarke Metris zusammengefasst:
- IoT-Produkte: hier geht es im Wesentlichen um die Optimierung des Anlagenbetriebes d.h. z.B. Einsatz von Sensoren, hochentwickelte und hochkomplexe Datenanalyse und Augmented Reality
- Smart Services, zum Beispiel effiziente online Bestellung von Ersatzteilen für unsere Kunden sowie
- Ventures, welche die digitale Innovation durch die Förderung des internen Ideenmanagements sowie Kooperationen mit Startups und Forschungseinrichtungen forciert.
In Bezug auf das operative Geschäft bietet die Optimierung der Anlagen wahrscheinlich den größten Hebel für unsere Kunden. Wenn man die Produktion mit einer Softwarelösung nur um ein paar Prozent steigert, ergibt das einen messbaren Benefit für unsere Kunden. Mit Metris OPP (Optimization of Process Performance) bieten wir eine Lösung, um genau das zu erreichen. Die OPP-Plattform verwendet Big Data und stellt digital unterstützte Werkzeuge zur Verfügung, welche eine Erhöhung von Effizienz und Profitabilität der Anlagen unserer Kunden ohne notwendige Kapitalinvestition sicherstellen.
Wir sehen Metris OPP als wichtiges Serviceprodukt für unsere Kunden, mit schrittweiser Herangehensweise:
- Gemeinsame Definition der Ziele (z.B. Steigerung der Produktionskapazität, Reduktion von Stillständen, usw.)
- Identifikation des Optimierungspotenzials basierend auf der Analyse der Daten der vorhandenen Anlagen, Sensorik sowie zusätzlicher Smart Sensors
- Verbesserungspotenziale umsetzen um die gesetzten Benchmarks zu erreichen
- Immer das Hauptziel im Auge behalten: die OPP-Plattform unterstützt Manager, Techniker, Bedienleute, Wartungsmannschaft mit entsprechenden digitalen Tools
- Kontinuierliche Optimierung der Plattform entsprechend dem neuesten Stand der Technik
ANDRITZ hat Metris OPP selbst vor vielen Jahren entwickelt und dann kontinuierlich weiterentwickelt. Seit 2007 wird OPP in über 40 Werken (hauptsächlich in der Zellstoff- und Papierindustrie) in Brasilien, Europa und USA erfolgreich eingesetzt. In der Stahlindustrie gibt es bereits vier Installationen, mit denen wir einen signifikanten Wettbewerbsvorteil für unsere Kunden schaffen.
Wie wichtig ist die Globalisierung der Branche?
Wir beobachten weltweit eine Konsolidierung in der Stahl- und Aluminiumindustrie. Im Vergleich zu anderen Industriezweigen (zB Rohstoffe) ist in der Metallindustrie die Marktkonzentration noch gering. Für uns bedeutet das, dass bestehende Kundengruppen in der Zukunft neu strukturiert werden, die Entscheidungsträger mitunter wechseln. Dieser Trend zu größeren Firmengruppen und Fusionen ist sowohl regional als auch global zu beobachten. Handelsbeschränkungen haben für uns zum Teil negative Folgen durch Zölle bzw. nicht mehr erreichbare Kunden, bieten aber auch kurzfristige Chancen, wie derzeit in der US-amerikanischen Stahlindustrie.
Welche Rolle spielt The Bright World of Metals als Matchmaker, Kontaktplattform und Ausstellungsmesse?
Die METEC ist die wichtigste Messe unserer Industrie. ANDRITZ bietet innovative Technologien im Bereich Flat Product Processing, und wir freuen uns auf spannende Gespräche mit unseren Kunden.