Nach ihrem Lebenszyklus werden Gussprodukte wieder dem Materialkreislauf zugeführt, das heißt sie werden eingeschmolzen, und ein neues Gussprodukt entsteht. Daneben werden auch Alt- und Neuschrotte zur Gussherstellung eingesetzt. Die Eisen- und Stahlgießereien kaufen Jahr für Jahr ca. 3,5 Mio. verschiedene Schrottqualitäten zu. Auch rund 95 Prozent des Sandes, der zur Formherstellung benutzt wird, befindet sich in einem wiederkehrenden Kreislauf. Moderne Aufbereitungsprozesse machen es möglich. Im Fach Recycling gibt es für die Gießereibranche also eine Eins mit Sternchen.
Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz
Zusätzlich ist diese energieintensive Branche schon immer den Zielen der Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz stark verpflichtet. Innovationen im Bereich der Produkt- und Prozesssimulation ermöglichen es, heute gegossene Bauteile herzustellen, die den Anforderungen eines wirtschaftlichen und ökologischen Leichtbaus entsprechen. Cesare Troglio, Bereichsleiter Technik und Innovation beim Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG), sieht zahlreiche wichtige Ansatzpunkte, den Forderungen nach Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung bei der Produktentwicklung, in der Produktion und während der Produktlebensdauer Rechnung zu tragen: „Gegossene Bauteile repräsentieren in hervorragender Weise den Grundgedanken des Labels ecoMetals.“
Mit letzterem betont das Düsseldorfer Metallurgiemesse-Quartett GIFA, METEC, THERMPROCESS, NEWCAST den Belang der Aspekte Ressourcen- und Energieeffizienz, Klimaschutz sowie innovative Verfahren und Produkte. Auch im Juni 2019 (25. bis 29. Juni) werden in Düsseldorf Aussteller, die zu mindestens einem dieser Themen Produkte, Lösungen oder Verfahrensschritte präsentieren, besonders hervorgehoben. „Der USP des Messequartetts von GIFA, METEC, THERMOPROCESS und NEWCAST ist die nahezu komplette Marktabdeckung – da darf der Nachhaltigkeitsgedanke nicht fehlen“, erläutert Friedrich Kehrer, Global Portfolio Director Metals and Flow Technology Messe Düsseldorf GmbH. Die Besucher der Messe können sich über eine spezielle Broschüre zu diesem Thema und online über das Ausstellerangebot zur ecoMetals informieren. Darüber hinaus wird es geführte Touren – die ecoTrails – speziell für interessierte Besucher geben.
Dabei dürften einige Aussteller das Label ecoMetals tragen. Denn viele Gießereien investieren in Fertigungsprozesse, erhöhen die Wertschöpfungstiefe und reduzieren permanent den Ressourceneinsatz. Ein wichtiger Baustein und Zukunftsmotor auf diesem Weg ist die Digitalisierung der Produktion. Diese bietet große Chancen sowohl zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit als auch zur Umsetzung nachhaltiger Strategien.
Zeit und Kosten sparen
Simulationen und zunehmend der 3D-Druck ermöglichen nicht nur den Bau hochkomplexer Teile, sondern lösen die energie-, ressourcen- und zeitintensive Trial-and-Error-Methode ab. Das dachte sich auch das Leipziger Team von GF Casting Solutions. Seit Sommer 2018 ist hier die Serienfertigung in 3D-Druck von Sandkernen angelaufen. „Der Grundstein dafür wurde bereits vor zwei Jahren gelegt“, berichtet Matthias Heinrich, Geschäftsführer von der GF Casting Solutions Leipzig GmbH.
Im Rahmen der Strategie 2020 habe der Leipziger Standort die Divisionsleitung mit einem schlüssigen Konzept zur Investition in einen 3D-Seriendrucker für Sandkerne überzeugen können. So fungiert der Standort heute nicht nur als Innovationszentrum und Prototypenlieferant für alle anderen Gießereien der GF Division, sondern fertigt zudem in Serie. „Der kalthärtende Phenol 3D-Drucker in Leipzig ist der zweite seiner Art in Deutschland und bundesweit der erste, der in der Serienproduktion eingesetzt wird“, erläutert Heinrich.
Die Vorteile für die Kunden: eine erhebliche Zeit- und Kostenersparnis bei der Fertigung von Prototypen und Ersatzteilen. Zudem wird die Prozesssicherheit durch den Wegfall von Kernmontagen erhöht, und das Konstrukteursherz schlägt beim Gedanken an die unbegrenzten Gestaltungsmöglichkeiten höher. Die Einsatzgebiete der 100 bis 1.000 kg schweren Gussteile sind vielfältig. „Sie kommen in LKWs, Baumaschinen, der Land- und Forstwirtschaft, Solarparks und Windkraftanlagen, Schienenfahrzeugen, dem allgemeinen Maschinenbau und unserem neuen Produktsegment, der Hydraulik, zum Einsatz“, zählt Heinrich auf.
Produkte mit erhöhter Wirkkraft
„Gerade im Hinblick auf Prototypen und Kleinserien kann durch solche Technologien viel Zeit und Energie beim Bau von Werkzeugen eingespart werden“, resümiert BDG-Mann Troglio. Einen Beitrag zur Umweltfreundlichkeit leisten auch die Fortschritte bei organischen Bindemitteln sowie der Einsatz anorganischer Bindemittel, wie sie beispielsweise beim Gießereizulieferer ASK Chemicals entwickelt werden. „Wir fokussieren uns in erster Linie darauf, die Wirkkraft unserer Produkte zu erhöhen und so einen Mehrwert für unsere Kunden zu generieren, da beispielsweise der Materialeinsatz reduziert werden kann und somit die Summe potenzieller Emissionen verringert wird“, erklärt Dr. Jens Müller, Leiter Forschung und Entwicklung bei ASK Chemicals.
Dem Unternehmen ist es gelungen, für den Eisenguss das weltweit erste kennzeichnungsfreie Phenolharz für den Cold Box-Prozess zu entwickeln. Es kann also in diesem Prozess auf eine Gefahrgutkomponente verzichtet werden. Müller ergänzt: „Neben den Umweltvorteilen ergeben sich auch weitere Vorzüge: Die besonders hohe Reaktivität dieses neuen Systems ermöglicht es, in vielen Fällen, Binder zu reduzieren und Katalysatormengen abzusenken.“
Im Aluminiumguss gewinnen anorganische Bindersystem zunehmend an Bedeutung. Auch ASK Chemicals stellt ein stärkeres Bewusstsein für nachhaltige Produkte fest. „Sicher dadurch getrieben, dass sich die Rahmenbedingungen vor allem in Europa durch entsprechende Regularien verschärft haben“, mutmaßt Müller und freut sich umso mehr, dass Produktentwicklungen zum Schutze der Umwelt auch darüber hinaus erfolgreich sind: „Am Anfang hat keiner wirklich geglaubt, dass die Technologie der anorganischen Bindersysteme herkömmliche Prozesse ablösen würde. Das mag daran liegen, dass abgesehen von dem ursprünglichen Umweltaspekt sich auch technologische und wirtschaftliche Vorteile ergeben haben. Heute ist sie eine feste Größe im Leichtmetallkokillenguss.“
Ökologisch, wirtschaftlich, sozial
Nachhaltigkeit ist eben nicht immer nur ökologisch zu betrachten. „Nachhaltigkeit heißt auch ökonomisch und sozial agieren“, findet auch Elke Radtke beim BDG zuständig für Umwelt- und Arbeitsschutz. „Als Verband informieren wir über die Regularien und Vorschriften, die die Gießereibranche betreffen. Dabei stellen wir fest, dass gerade gesetzliche Vorgaben zum Schutz der Umwelt oft die soziale und wirtschaftliche Komponente nicht ausreichend berücksichtigen. Ein Unternehmen, gerade im kleinen und mittelständischen Bereich, muss im Rahmen der Verhältnismäßigkeit auch in der Lage sein können, Prozesse anzupassen und auf neue Technologien zurückzugreifen. Denn unwirtschaftliches Handeln führt auf Dauer zum Misserfolg, was wiederum Arbeitsplätze bedroht. Nachhaltig – im Sinne von sozial – ist das nicht.“
(Autor: Carina Hendricks, mediamixx GmbH/Deutschland)