09.01.2015
Der Ölpreis ist auf einem Rekordtief, im Gasstreit mit Moskau ist kein Ende in Sicht und US-amerikanisches Schiefergas boomt weiterhin – welche Konsequenzen haben die globalen Entwicklungen für die deutsche Energiewirtschaft und wie lassen sich diese neuen Herausforderungen meistern? Die Branche trifft sich vom 20. - 22. Januar 2015 zur Handelsblatt-Jahrestagung „Energiewirtschaft“ in Berlin.
Um die Versorgungssicherheit in Europa aufrechtzuerhalten, hält der Erdöl- und Erdgasproduzent Wintershall beispielsweise an etablierten Partnerschaften fest. Vorstandsmitglied Mario Mehren erklärte im Vorfeld der Jahrestagung: "Europa setzt auf eine Diversifizierung der Importwege bei Öl und Gas. Das ist gut so. Aber wir müssen uns auch darüber klar sein: Die geologische Verteilung der Rohstoffvorkommen begrenzt die Diversifizierungsbestrebungen. Ohne die großen Produzenten wie Russland und Norwegen und ohne den Arabischen Raum wird es in Europa keine Versorgungssicherheit geben."
Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit – diese drei Seiten des energiepolitischen Dreiecks gilt es in Zukunft noch besser in Einklang zu bringen, um aus der Energiewende in Deutschland eine Erfolgsstory zu machen. Wirtschaftsvertreter sehen jedoch gerade in den Energiekosten eine mögliche Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland. Dem schließen sich zunehmend auch die Gewerkschaften an. Mit einer Unterschriftenaktion forderte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zusammen mit sieben weiteren Gewerkschaften jüngst die Bundesregierung auf, Arbeitsplätze nicht aus ideologischen Motiven aufs Spiel zu setzen. Stattdessen müssten Bund und Länder eine Energiepolitik der wirtschaftlichen und sozialen Vernunft betreiben.
Der Forderung nach bezahlbaren Energiepreisen für Industrie und Mittelstand schließt sich auch Dr. Norbert Schwieters, Leiter des Bereichs Energiewirtschaft beim Beratungsunternehmen PwC an. Gleichzeitig fordert er die Industrie auf, durch Anpassung der Produktionsprozesse die Flexibilisierung des Energiesystems zu unterstützen. Die zunehmende Volatilität und Dezentralität in der Energieversorgung mache Investitionen in eine intelligente Steuerung der Netze und des Stromverbrauchs dringend erforderlich.
Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der Wuppertaler Stadtwerke und Vizepräsident des Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordert eine gerechte Verteilung der Kosten der Energiewende: „Wichtig ist, nicht nur die Industrie zu entlasten, sondern alle Energieverbraucher im Blick zu behalten. Eine enge Abstimmung mit Europa ist dabei erforderlich. Von noch größerer Bedeutung ist es jedoch, ein überzeugendes Konzept für die dauerhafte Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in Deutschland vorzulegen. Unser Vorschlag hierzu ist der dezentrale Leistungsmarkt.“
Gleichzeitig sehen Experten jedoch in einem europäischen Energiebinnenmarkt eine Chance, um beispielsweise Überkapazitäten an erneuerbaren Energien abzutransportieren und so für Systemstabilität zu sorgen. Schon jetzt exportiert Deutschland mehr Strom als es importiert. 2013 wurden rd. 34,9 Mrd. kWh mehr Strom ins Ausland exportiert als eingeführt. Der Strom ging vor allem nach Österreich, in die Niederlande und die Schweiz. Von Energiekommissar Miguel Arias Cañete wünscht sich die Branche zudem neue Impulse, die Energiewende auf europäischer Ebene voranzutreiben, der Ausbau der erneuerbaren Energien sei kein deutscher Sonderweg.
Euroforum Deutschland SE, Düsseldorf