24.02.2015
Autoteile werden immer komplexer: Die Komponenten müssen mittlerweile mehrere Funktionen auf einmal erfüllen, um Gewicht einzusparen. Bislang erfolgt die Produktion solcher anspruchsvollen Teile deshalb in mehreren Zwischenschritten, herkömmliche Umformverfahren stoßen hier rasch an ihre Grenzen. Eine mögliche Lösung kann die Kombination von Präzisionsschneiden und Massivumformung in einem Werkzeug darstellen. „Bauteile, die in unterschiedlichen Bereichen auch unterschiedliche Materialstärken aufweisen, werden derzeit häufig durch Fügen mehrerer Einzelbauteile hergestellt“, erklärt Schuler-Geschäftsführer Jochen Früh, der die Division Industry leitet. „Lange Prozessketten zur Herstellung dieser Bauteile und zusätzliche Schritte zur Lagerung, Vereinzelung und Zuführung sowie die notwendigen Fügeprozesse ziehen hohe Stückkosten nach sich.“ Hinzu kommt oft die Nachbearbeitung der Oberflächen, um beispielsweise den Grat zu entfernen. Die Verkürzung der Prozessketten durch die Produktion der Bauteile in einem Pressendurchgang bietet daher ein großes Einsparpotential.
Zur wirtschaftlichen Herstellung von Bauteilen mit unterschiedlichen Materialdicken hat Schuler die Blechmassivumformung für Folgeverbund- oder Transferwerkzeuge entwickelt. Dabei entsteht zunächst durch klassische Blechumformung eine Vorformgeometrie des Bauteils. Anschließend wird durch Kaltmassivumformung in einem Bereich aufgedickt oder abgeprägt, um beispielsweise eine Versteifung zu erzeugen. Die Teile sind dabei wiederholgenau in engen Toleranzen produzierbar. Für Teile mit höheren Umformgraden bietet Schuler Verfahren zur Warmmassivumformung an.
So lässt sich etwa bei einem Flanschbauteil durch Anhäufen der Blechdicke von 3,1 auf 5,0 mm die geforderte Drehmomentübertragung in der Verzahnung erreichen. Zunächst wird das Bauteil dabei im Folgeverbundwerkzeug vorgeformt und die Blechdicke in mehreren Stufen angehäuft, danach der Kragen gezogen, gelocht und in weiteren Stufen durch Stauchen verdickt. Der nachgelagerte Transfer übernimmt das Bauteil, nachdem es aus dem Streifen geschnitten wurde, wendet es um 180 Grad, legt es in die Biegestufe und danach in die Stufe zum Präzisionsschneiden.
Das Präzisionsschneiden – ebenfalls eine Entwicklung von Schuler –gewährleistet einen hohen Glattschnittanteil und verrundet den Grat noch im Prozess. Dabei wird mithilfe von Zusatzfunktionen, die in die Presse integriert sind – sogenannten ServoModulen – eine glatte, ein- und abrissfreie Schnittfläche erzeugt, die Funktionen übernehmen kann, ohne nachbearbeitet werden zu müssen. Das bedeutet, dass die so hergestellten Bauteile einbaufertig sind.
„Die Präzisionsschneid- und Umformpressen vom Typ PSK der Schuler-Tochter Gräbener Pressensysteme ist zur Herstellung solcher komplexen Bauteile ideal geeignet“, sagt Schuler-Geschäftsführer Jochen Früh. Die Anlage verfügt über einen Kniehebel-Servoantrieb, der durch die frei programmierbare Hubhöhen und Bewegungsabläufe eine höhere Produktivität als bei herkömmlichen Kniehebelpressen ermöglicht und die Integration verschiedener Prozesse erlaubt – vom Ziehen, Biegen, Prägen, Präzisionsschneiden und Kalibrieren bis hin zu Schweißen und Fügen. Die hohe Systemsteifigkeit der PSK-Pressen gewährleistet enge Bauteiltoleranzen und schont gleichzeitig das Werkzeug durch den reduzierten Schnittschlag.
Schuler AG, Göppingen