10.05.2016
Das stark eingetrübte Umfeld in den Werkstoffgeschäften hat die Halbjahresbilanz des Industrie- und Technologiekonzerns thyssenkrupp geprägt. Zwar konnten die Industriegütergeschäfte ihre solide Entwicklung fortsetzen und bei Auftragseingang, Umsatz und Ergebnis zulegen. Die Gesamtentwicklung des Konzerns wird aber weiterhin durch die äußerst schwierigen Bedingungen auf den Werkstoffmärkten überlagert. Hoher Importdruck und Kaufzurückhaltung der Kunden spiegeln sich im starken Verfall der Werkstoffpreise in der 1. Hälfte des laufenden Geschäftsjahres bei Auftragseingang, Umsatz und vor allem auch im Ergebnis der Werkstoffgeschäfte wider. Vor diesem Hintergrund senkt thyssenkrupp die Prognose für das Gesamtgeschäftsjahr.
Die Werkstoffpreise waren bis weit ins 2. Quartal und damit länger als erwartet unter Druck. Zudem war der Preisverfall stärker als angenommen. Dies führte auch im 2. Quartal des Geschäftsjahres noch zu erheblichen Substanzverlusten. "Unser Halbjahresergebnis spiegelt noch die sehr schwache Situation auf den Werkstoffmärkten wider. Wir sehen inzwischen zwar eine Erholung bei den Werkstoffpreisen. Diese Erholung kommt aber später als ursprünglich erwartet, von einem niedrigeren Niveau und wird sich zusätzlich erst zeitversetzt in unseren Kennzahlen widerspiegeln", sagt thyssenkrupp Vorstandschef Dr. Heinrich Hiesinger.
Angesichts dieser Entwicklung rechnet der Vorstand für das Gesamtjahr jetzt mit einem Bereinigten Ebit des Konzerns von mindestens 1,4 Mrd. €. Das Effizienzsteigerungsprogramm "impact" wird dazu 850 Mio. € beisteuern. Die Industriegütergeschäfte werden das operative Ergebnis gegenüber dem 1. Halbjahr weiter steigern. Die Werkstoffgeschäfte werden sich aufgrund von Preiserholung und Kostenmaßnahmen in der zweiten Geschäftsjahreshälfte deutlich verbessern - vorausgesetzt der brasilianische Real bleibt weitgehend stabil. Der Jahresüberschuss soll auf dem Niveau des Vorjahres liegen. Der Free Cashflow vor M&A soll - abhängig vom Anzahlungszeitpunkt bei Großaufträgen - zwischen einem niedrigen negativen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich bis ausgeglichenem Betrag liegen.
Der Auftragseingang des Konzerns verringerte sich im 1. Halbjahr und 2. Quartal um -8 % auf 18,8 Mrd. € bzw. -13 % auf 9,0 Mrd. (Vorjahr 20,5 Mrd. € bzw. 10,4 Mrd. € ). Auch auf vergleichbarer Basis, das heißt währungs- und portfoliobereinigt, war der Auftragseingang um -7 % bzw. -10 % rückläufig. Der Umsatz ging im 1. Halbjahr und 2. Quartal um -8 % auf 19,4 Mrd. € bzw. -10 % auf 9,9 Mrd. € zurück (Vorjahr 21,0 Mrd. € bzw. 11,0 Mrd. € ). Auch auf vergleichbarer Basis verringerte sich der Umsatz um -7 % bzw. -8 %. Der Rückgang bei Auftragseingang und Umsatz ist durch geringere Mengen, hauptsächlich jedoch durch den starken Preisverfall bei den Werkstoffgeschäften verursacht.
Bei den Industriegütergeschäfte profitierte Components Technology unter anderem von Zuwächsen bei Pkw-Komponenten in China, Europa und den USA. Elevator Technologies verzeichnete eine starke Nachfrage nach Neuinstallationen unter anderem in den USA, China und Südkorea. Industrial Solutions profitierte von einem Großauftrag für eine Zementanlage in Saudi Arabien.
Das Bereinigte Ebit sank im 1. Halbjahr um -162 Mio. € auf 560 Mio. € (Vorjahr 722 Mio. € ) sowie im 2. Quartal um -80 Mio. € auf 326 Mio. € (Vorjahr 405 Mio. € ). Alle Industriegütergeschäfte erwirtschafteten höhere Ergebnisse sowohl kumuliert im 1. Halbjahr als auch im 2. Quartal. Diese positive Entwicklung kann die Schwäche der Werkstoffgeschäfte im Berichtszeitraum jedoch nicht vollständig kompensieren.
Unterm Strich ergab sich so im 1. Halbjahr noch ein leicht negatives Ergebnis mit einem Periodenfehlbetrag von -9 Mio. € (Vorjahr Periodenüberschuss 88 Mio. € ). Nach Abzug der Minderheitenanteile ergab sich ein Periodenüberschuss von 37 Mio. € (Vorjahr Periodenüberschuss 98 Mio. € ). Das Ergebnis je Aktie betrug 0,07 € (Vorjahr 0,17 € ). Im 2. Quartal erwirtschaftete der Konzern mit 45 Mio. € einen Periodenüberschuss auf dem Niveau des Vorjahresquartals.
Der Free Cashflow vor M&A lag im 1. Halbjahr mit -1 212 Mio. € wie erwartet unter dem Vorjahreswert. Grund hierfür ist hauptsächlich ein vorübergehender Aufbau des Netto-Umlaufvermögens. Auch hier entwickelte sich das 2. Quartal mit -365 Mio. € bereits deutlich besser als das Vorquartal (-847 Mio. € ). Die Netto-Finanzschulden stiegen entsprechend auf 4,8 Mrd. € im 1. Halbjahr an. Das Eigenkapital hat sich gegenüber dem 30. September 2015 auf 2,8 Mrd. € verringert. Hauptgrund für diese Entwicklung ist die Neubewertung der Pensionen aufgrund niedrigerer Zinsen.
Das Gearing des Konzerns erhöhte sich daher temporär auf rd. 175 %. Zum Ende des Geschäftsjahres erwartet thyssenkrupp eine deutliche Verbesserung auf ein Gearing von unter 150 %. Dieser vorübergehendeAnstieg im 1. Halbjahr hat keine Auswirkungen auf die Finanzierung des Konzerns.
thyssenkrupp AG, Essen