12.01.2015
Zahlreiche Rückfragen von Kunden und Verarbeitern haben Dillinger Hütte veranlasst, eine Information zu normativen Regeln von unlegierten Baustählen und zu verarbeitungstechnischen Auswirkungen einer Zulegierung zu erstellen: „Legierungselemente wie Bor und Chrom werden legierten Stählen normalerweise bewusst zugegeben, um die technischen Eigenschaften der Stähle, hier insbesondere die Härtbarkeit zu beeinflussen. Bor wird beispielsweise bei hochfesten Feinkornbaustählen oder verschleißbeständigen Stählen zur positiven Eigenschaftsbeeinflussung verwendet. Man nennt diese Stähle ab gewissen Gehalten dann nicht mehr unlegiert, sondern legiert. Im europäischen Markt treten aktuell jedoch verstärkt auch Stähle auf, die als unlegierter Baustahl vertrieben werden, obwohl sie für unlegierte Stähle zu hohe Gehalte von Bor oder Chrom enthalten. Eventuelle Auswirkungen dieser Legierungsgehalte sind für den Verbraucher unklar. Diese Kundeninformation beleuchtet die normativen Regeln für unlegierte Baustähle und gibt Hinweise zu verarbeitungstechnischen Auswirkungen von erhöhten Bor- und Chrom-Gehalten.
Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen werden in EN 10025 geregelt. Teil 2 dieser Norm umfasst weit verbreitete Stahlsorten wie z.B. S235JR+N oder S355J2+N. Schon aus dem Titel des Normteils 2 „Technische Lieferbedingungen für unlegierte Baustähle“ ist ersichtlich, dass hier ausschließlich unlegierte Stahlsorten behandelt werden. Konkret bezieht sich EN 10025 auf die Norm EN 10020 „Begriffsbestimmung für die Einteilung der Stähle“. Diese Norm legt eindeutige Grenzen von Legierungsgehalten für unlegierte Stähle fest: Der Bor-Gehalt muss kleiner als 0,0008 % und der Chrom-Gehalt kleiner als 0,30 % sein.
Das Aufbringen des CE-Zeichens gemäß EN 10025 eines mit Bor über diese Grenzen hinaus legierten Stahls ist vor diesem Hintergrund - obschon Praxis - kritisch zu sehen. Korrekterweise muss Bor im Abnahmeprüfzeugnis für unlegierte Stähle nach EN 10025-2 ausgewiesen sein, wenn es zulegiert wurde. Da jedoch Bor selbst in der optional bestellbaren sogenannten 14er Analyse nicht enthalten ist, wurden schon Fälle bekannt, bei denen Bor nicht ausgewiesen war, obwohl es über die Grenzen in EN 10020 zulegiert wurde.
Kühlt die Wärmeeinflusszone neben einer Schweißnaht mit relativ hohen Abkühlgeschwindigkeiten ab, können sich dort sogenannte Kaltrisse bilden. Solche Bedingungen können vor allem bei manuellen Heftschweißungen und Anschweißungen von Montagehilfen entstehen.
Ein wesentlicher Einflussfaktor für die Kaltrissgefahr ist die maximale Härte in der Wärmeeinflusszone. Je höher die Härte dort ist, desto geringer ist das Verformungsvermögen und desto höher die Risswahrscheinlichkeit. Deswegen werden in allen Regeln zur Rissvermeidung Legierungselemente berücksichtigt, welche die Härtbarkeit des Stahls beeinflussen.
Beispielsweise berücksichtigt EN 1011, Teil 2 diese Elemente über die Formel für das Kohlenstoffäquivalent CE(V).
CE = C + Mn/6 + (Cr + Mo + V)/5 + (Ni + Cu)/15
Eine Zulegierung von Chrom in Höhe von 0,30 % wirkt demnach genau so härtesteigernd und rissfördernd wie ein um 0,06 % höherer Kohlenstoffgehalt. Der Einfluss von Bor wurde in den EN 1011-2 zugrunde liegenden Untersuchungen nicht explizit untersucht. Die Formeln für die Kohlenstoffäquivalente in EN 1011-2 berücksichtigen demzufolge den Einfluss von Bor nicht.“
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Dillinger Hütte, Dillingen