Die Deutschen Edelstahlwerke (DEW) als Teil der Swiss Steel Group, konnten ein wichtiges Förderprojekt der Bundesregierung für sich gewinnen. Mit diesem Förderprojekt wird der Weg in eine CO2 neutrale Zukunft der Stahlerzeugung und -verarbeitung bei der Swiss Steel Group um einen weiteren Schritt vorangetrieben.
Die Swiss Steel Group ist einer der führenden Hersteller von Stahllangprodukten. Das Förderprojekt mit dem Titel „H2-HotRoll“ betrifft die Umstellung von erdgas-befeuerten Wiedererwärmungsöfen auf die Befeuerung mit grünem Wasserstoff. Das geplante Vorhaben nimmt in erster Linie die Ziele der nationalen Wasserstoffstrategie vom 10.06.2020 in den Blick. So soll der Energieträger Wasserstoff zur Substitution von Erdgas in der Beheizungstechnik von Thermoprozessanlagen verwendet werden. Gefördert wird dies durch das 7. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung: Förderaufruf „Technologieoffensive Wasserstoff“. Organisiert und verwaltet durch den Projektträger Jülich (PTJ).
Auswirkung von Wasserstoffeinsatz
Um die Klimaziele der europäischen Union zu erfüllen, muss insbesondere die energieintensive Industrie in Europa in die Lage versetzt werden, dies zu leisten. Um dabei den Einsatz von grünem Wasserstoff zu vollziehen, müssen zunächst die Auswirkungen des Wasserstoffeinsatzes auf die Stahlherstellung und -verarbeitung analysiert werden. Hierbei geht es in der Stahlindustrie derzeit erstrangig um die Senkung der CO2-Emissionen für Stahlunternehmen der Primärstahlerzeugung über die Hochofenroute.
Einen großen Vorteil hinsichtlich der CO2-Emissionen gegenüber dieser Technologie haben Stahlunternehmen, wie die Swiss Steel Group, die über die sogenannte Sekundär- oder Elektrostahlroute Stahl erzeugen. Bei diesem Verfahren werden in einem Elektrolichtbogenofen große Mengen Stahlschrott eingeschmolzen. Durch den Einsatz von grünem Strom aus regenerativen Quellen, wie Wasser-, Windkraft oder Solarenergie, ist es dabei schon heute möglich einen großen Teil der CO2-Emissionen zu senken.
Diesen Weg geht die Swiss Steel Group bereits erfolgreich überall dort, wo genügend grüne Energie vorhanden ist. Doch auch bei der weiterführenden Herstellung und Bearbeitung des Stahls, im sogenannten Down-Stream-Prozess, ergibt sich bei der Warmumformung und der Wärmebehandlung des Stahls ein erheblicher CO2-Ausstoß durch den Einsatz von Erdgas.
Projektpartner ist VDEh-Betriebsforschungsinstitut (BFI)
Um die weltweite Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und den CO2-Fußabdruck weiter zu senken, müssen auch in der Sekundärstahlroute erhebliche Investitionen vorgenommen werden. Eine CO2-Reduktion wird nicht nur vom Gesetzgeber verlangt und ist vom Endverbraucher zunehmend gewünscht, sondern ist auch zur Erreichung der Klimaziele zwingend notwendig.
Zusammen mit dem Projektpartner VDEh-Betriebsforschungsinstitut (BFI) begeben sich nun die Deutschen Edelstahlwerke auf den Weg, ihre Infrastruktur für den Einsatz von grünem Wasserstoff vorzubereiten. Dass dies kein einfaches Vorhaben ist, wird bereits in den Summen, die allein das Förderprojekt benötigt, deutlich. Mit einem Projektbudget von etwas über eine Million Euro kann über drei Jahre die Grundlage für die technische Umstellung auf wasserstoffbetriebene Öfen gelegt werden. Der Fokus richtet sich auf kontinuierlich betriebene Wiedererwärmungsöfen mit einer Leistung von mehr als 10 MW.
Da Wasserstoff gegenüber Erdgas ein Medium mit anderen physikalischen Eigenschaften ist, befasst sich das Förderprojekt mit den erwarteten Auswirkungen und die Anpassung der vorhandenen Ofeninfrastruktur z.B. Brenner, Armaturen und Ofenkammer. Diese Infrastruktur muss auf das unterschiedliche Brennverhalten der beiden Gase ausgerichtet werden.
Wasserstoff hat zum Beispiel eine höhere Flammtemperatur und einen erhöhten Wasseranteil bzw. verringerten CO2-Anteil im Heißgas. Daraus folgt eine Änderung des Wärmeübergangs im Ofen und einen veränderten Einfluss auf das verarbeitete Material. Hier könnte es zu unterschiedlicher Zunderbildung und geändertem Entkohlungsverhalten kommen, falls der Prozess nicht optimal aufgesetzt ist.
Wiedererwärmungsofen mit Wasserstoff betreiben
Eine Herausforderung in diesem Projekt wurde schon während der Planungsphase vor der Antragstellung deutlich: Ein kontinuierlich betriebener Wiedererwärmungsofen mit einer Anschlussleistung von mehr als 10 MW sollte für das Projekt mit Wasserstoff, der im Idealfall grün erzeugt wird, betrieben werden. Dafür wäre eigentlich ein Anschluss an eine Wasserstoffpipeline erforderlich, dies ist jedoch in Deutschland heute noch nicht zu leisten.
Dementsprechend musste sich das Projektteam unter der Leitung von Gregor Ebbers von den Deutschen Edelstahlwerken und Sebastian Bialek vom BFI, alternative Lösungen finden. Es wird nun am Krefelder Standort der Deutschen Edelstahlwerke ein kleinerer Wiedererwärmungsofen im Schmiedebetrieb für das Projekt modifiziert, um Prozessversuche durchzuführen. Dieser Ofen mit einer Gesamtanschlussleistung von maximal 2MW kann in der Projektphase mit Wasserstoff aus Tankanlagen betrieben werden. Begleitet werden die Betriebsversuche von CfD-Simulationen und weiterführenden Versuchen im Technikum des BFI.
Doch wie steht es in der Bundesrepublik Deutschland um die Aussicht auf große Mengen grünen Wasserstoffs? Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn eine klare Aussage für die verschiedenen potenziellen Abnehmer fehlt bisher. Wie also soll sich die Industrie auf den Einsatz von Wasserstoff vorbereiten? Auch hierzu hat sich das Projektteam ausgiebig Gedanken gemacht. Sollte es zu einem langsamen Hochlauf von grünem Wasserstoff kommen, so wird in dem Förderprojekt auch analysiert, wie die Ofeninfrastruktur auf ein Gemisch aus Erdgas und Wasserstoff reagiert.
Kosten müssen kalkuliert werden
Auch werden die Auswirkungen von steigenden Wasserstoffanteilen im Brenngas auf die Ofeninfrastruktur geprüft. Dabei wird damit gerechnet, dass ein geringfügiger Anteil von Wasserstoff mit der bisherigen Ofenkonfiguration funktioniert. Erst bei höheren Anteilen werden Anpassungen an den Armaturen und der Mess- und Regelungstechnik nötig. Der Steuerungsprozess des Ofens wird so eingestellt, dass auch eine Mischung von Erdgas und Wasserstoff als Brenngas gut funktioniert.
Ziel des Förderprojektes ist die Erstellung eines Maßnahmenkatalogs und eine Abschätzung der Kosten für die Umstellung weiterer Öfen von Erdgas auf Wasserstoff. Es sollen Potentiale und Hemmnisse dargelegt werden, um insgesamt eine höhere Akzeptanz der Wasserstofftechnik zu erreichen.