Der Stahlproduzent Dillinger und die Universität Saarland kooperieren, um Pipelines vor Schäden durch H₂ zu schützen. Durch die sog. ,Wasserstoffversprödung‘ reichert sich H₂ im Material der Pipeline an und es können Risse entstehen. In den nächsten drei Jahren fördert Dillinger im Rahmen eines Forschungsprojektes zwei Lehrstühle der Saar-Uni mit insgesamt 800.000 €.
Mit grünem Wasserstoff sollen energieintensive Unternehmen, etwa aus der Stahlindustrie, klimaneutral werden. Doch Wasserstoff lässt Materialien, die mit ihm in Kontakt kommen, verspröden. Wasserstoff-Pipelines könnten dadurch beschädigt werden. Wissenschaftler:innen der Universität des Saarlandes suchen daher mit Dillinger nach einem standardisierten industriellen Prüfverfahren, das die Empfindlichkeit von Stahl auf Wasserstoff untersucht.
Prof. Chrisitan Motz: „Das Kernproblem dabei ist die sogenannte ‚Wasserstoffversprödung‘. Dieses altbekannte Phänomen betrifft vor allem hochfeste Materialien wie zum Beispiel Pipeline-Stahl oder auch Stahldrähte in Spannbetonbrücken. Wenn sich Wasserstoff im Material anreichert, sinkt die Festigkeit des Materials und es können kleinste Schäden und Risse entstehen, die die Pipeline oder die Brücke ernsthaft gefährden können.“
Bisher waren Schäden durch Wasserstoffversprödung kaum problematisch. An Schweißnähten oder durch Korrosion reichert sich Wasserstoff in geringen Mengen an, die nur sehr langsam zu Schäden führen können. Wenn grüner Wasserstoff als Energieträger der Zukunft für industrielle Prozesse gilt, ändern sich auch die Größenordnungen von Wasserstoff, der vor allem in Pipelines anfällt.
Wissenschaftler:innen entwickeln Prüfverfahren
In den kommenden drei Jahren wollen die Wissenschaftler:innen herausfinden, welche Prüfmethoden effizient sind. Darüber hinaus wollen sie untersuchen, wie Wasserstoff auf einem standardisierten Weg ins Material übergeht. Diese „Beladungsmethoden“, wie Christian Motz sagt, seien sehr unterschiedlich. Man könne Wasserstoff elektrochemisch ins Material bringen oder durch Druckbeladung. Dafür setze man Wasserstoff unter 200 bar Druck bei 200 bis 300 °C.
Der Lehrstuhl von Professor Hans-Georg Herrmann untersucht die von Wasserstoff verursachten Schäden und bewertet die Stähle. Die Computertomographie (CT), einer Röntgentechnik, schaut man in Objekte hinein, ohne sie zu zerstören. Damit können zum Beispiel Risse und Poren, die durch den Wasserstoff entstanden sind, analysiert werden.
„Wir nutzen ein einzigartiges, hochmodernes Forschungsgerät, mit dem Strukturen in einer Größe von 50 Nanometer abgebildet werden können. Dies ist ungefähr tausendmal kleiner als die Dicke eines menschlichen Haares“, erklärt Jonas Fell.
In Kombination mit einer zweiten Anlage lassen sich dadurch kleinste Schäden in den Stählen über mehrere Größenordnungen hinweg, vom Millimeterbereich bis zum Nanometerbereich, sichtbar machen. Anhand dieser umfassenden Analyse können die Forscher die Eignung der Stähle für den Einsatz in zukünftigen Pipelines bewerten.
Weiterer Plan für die Zukunft
Mit der zerstörungsfreien Methode lassen sich zeitliche Veränderungen, wie die Entstehung von Rissen und deren Wachstum, live beobachten. Dazu soll im Rahmen des Projekts ein spezieller Prüfaufbau entwickelt werden, mit dem die Stähle unter Einfluss von Wasserstoff mechanisch beansprucht und gleichzeitig mittels Röntgentechnik beobachtet werden.
Wolfgang Schütz, Leiter Forschung und Entwicklung Produkte bei Dillinger: „Wir sind davon überzeugt, dass uns die Ergebnisse aus den Forschungsarbeiten wichtige Impulse zur Erarbeitung optimierter Stahldesigns für die Transformation und das Zeitalter ‚grüner‘ Wasserstoff geben werden.“
„Die Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes macht uns noch schneller und flexibler und verschafft uns Wettbewerbsvorteile auf dem zukunftsträchtigen Markt für Pipelines.“
(Quelle: IDW/2023)