Eröffnungsrede von Ola Källenius
In seiner Eröffnungsrede beim Kongress „New Manufacturing World“ in Böblingen bei Stuttgart thematisierte Daimler-Konzernchef Ola Källenius die Transformation, in der die gesamte Automotive-Branche aktuell steckt. Innovative Fertigungstechniken wie Megacasting, eine flexible Produktion und Cyber Security – darüber tauschen sich seit heute namhafte Autobauer, Zulieferer, Anlagenbauer und Softwareunternehmen aus. Mit mehr als 400 Gästen, 40 Speakern und 55 Unternehmenspartnern ist die New Manufacturing World die führende Plattform für den internationalen Erfahrungsaustausch rund um die Automobilindustrie. Unter den Gästen befindet sich auch eine chinesische Delegation aus Beijing Chaoyang. Organisiert wird das zweitägige Event von dem Automotive-Experten Prof. Ferdinand Dudenhöffer und vom Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE mit Hauptsitz in Stuttgart.
Mit einem Gesamtumsatz von 564 Milliarden Euro im letzten Jahr ist die Automobilindustrie der wichtigste Wirtschaftszweig in Deutschland. Sie beeinflusst zahlreiche andere Branchen, vom Maschinenbau über Elektrotechnik bis hin zur Softwareentwicklung. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, sind innovative Fertigungstechniken und stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen wichtig. Was die Ausrichtung bei Mercedes angeht, dazu gab Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender von Mercedes-Benz, bei seiner Eröffnungsrede des Kongresses einen Ausblick. "Digital, effizient, nachhaltig und flexibel: Die Aufstellung unserer Werke bei Mercedes-Benz ermöglicht es uns, schnell auf den Markt zu reagieren und für jeden Kundenwunsch den perfekten Mercedes zu bauen. So können wir zum Beispiel bis in die 2030er-Jahre hinein parallel Fahrzeuge sowohl mit vollelektrischem Antrieb als auch mit elektrifizierten High-Tech Verbrennungsmotoren anbieten. Der Stern auf unseren Autos ist unser Versprechen: Ein Mercedes ist ein Mercedes – unabhängig vom Antrieb“, betonte der CEO der Mercedes-Benz-Group.
Megacasting wird auch zukünftig Trend sein: Diskussion über die Zukunft von Megacasting
Die Automobilindustrie ist seit jeher ein Motor für technischen Fortschritt. Von den ersten Verbrennungsmotoren über die Einführung der Fließbandproduktion bis hin zu den heutigen Elektrofahrzeugen und autonomen Autos – die Branche treibt mit ihrer Pionierarbeit sektorübergreifend Innovationen voran. „Der Megatrend Megacasting wird die Zukunft der Produktion bestimmen. Es ermöglicht die Herstellung großer, komplexer Fahrzeugteile aus Aluminium in einem einzigen Gussvorgang“, erklärt Automobilexperte Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer. Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden, bei denen zahlreiche kleinere Teile produziert und anschließend zusammengefügt werden, erlaubt Megacasting die Herstellung dieser Teile in einem einzigen Schritt. „Das spart nicht nur Zeit und Kosten, sondern verbessert auch die Qualität und Sicherheit unserer Fahrzeuge“, so Dudenhöffer.
Unternehmen wie die Bühler Group und NIO haben diesen Ansatz bereits erfolgreich in ihre Produktionsprozesse integriert und berichteten am ersten Kongresstag von ihren Erfahrungen. Als mögliches Hemmnis nannten die Teilnehmer:innen in erster Linie die hohen Anfangsinvestitionen in Druckgussmaschinen und die Anpassungen der Produktionslinie. Zudem erfordert die Aluminiumverarbeitung spezifische Kenntnisse und Technologien, um die gewünschten Materialeigenschaften zu gewährleisten. Nach Einschätzung von Ferdinand Dudenhöffer werden langfristig betrachtet jedoch die Vorteile diese Hürden überwiegen: „Mit weiteren technologischen Fortschritten könnte diese Methode zur Norm werden und die Art und Weise, wie Autos produziert werden, grundlegend verändern“, sagt der Auto-Experte.
Megasandguss ist eine Alternative zu Gigacasting
Leampe und HA Group präsentieren Mega-Sandcasting Technologie.
Franz Butz (HA Group) und Rudi Wintgens (Laempe) stellten im Rahmen ihrer Keynote Realisierungsmöglichkeiten in Aluminium als auch im Dünnwand Eisenguss vor. Dabei werden signifikante Einsparungen bei den Investitionen mit zusätzlichen Konstruktionsmöglichkeiten für die Integration weiterer Bauteilfunktionen kombiniert. Den Anforderungen der Software Defined Vehicles (SDV) und der Open-to-Pack Technologie neuer Fahrzeugkonzepte wird dabei vollständig Rechnung getragen. Eine wirtschaftliche Fertigung ist bereits bei kleinen Serien (5.000 p.A.) und Prototypen gegeben. Die Einbindung additiver Fertigungsverfahren wie dem 3D-Druck bieten erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten zur Integration von Bauteilfunktionen und bei der Einsparung von bis zu 70 Einzelteilen.
Risikozunahme von Cyber Security in der Automobilproduktion
In der Praxis stoßen herkömmlich Entwicklungsmethoden an ihre Grenzen, wenn es um die komplexen konstruktiven Herausforderungen des Megacastings geht: Um Fertigungstoleranzen einzuhalten, ist eine hohe Präzision gefragt – das gilt auch für Materialqualität und Crashsicherheit. Digitale Zwillinge und Simulationen optimieren die Produktion, während automatisierte Steuerungssysteme und vernetzte Maschinen für eine nahtlose Integration und Überwachung des Fertigungsprozesses sorgen. Dazu helfen datengetriebene Analysen, Probleme frühzeitig zu erkennen.
Mit dem wachsenden Datenstrom nehmen aber auch potenzielle Sicherheitsrisiken zu. „Die Sicherung von Produktionsprozessen gegen digitale Bedrohungen wird zur Schlüsselfrage für Hersteller und Zulieferer gleichermaßen“, ist Dudenhöffer sicher.
Prominentes Beispiel ist der WannaCry-Ransomware-Angriff, der 2017 mehr als 200.000 Computer in mehr als 150 Ländern lahmlegte – das betraf auch die Automobilbranche. Der Kongress widmete sich daher in einem weiteren Schwerpunkt der Frage, wie sich Unternehmen vor Cyberangriffen schützen können – ohne die Leistung und Skalierbarkeit ihrer Systeme zu beeinträchtigen. Fortinet stellt dabei eine Lösung vor, die mittels Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen Sicherheitsbedrohungen in Echtzeit erkennt und abwehren kann.
Herstellung beeinflusst Gebäudeplanung
Florian Langlotz, der als Partner der Drees & Sommer SE mit seinem Team zahlreiche Automotive-Projekte weltweit betreut, betonte bei der Tagung den Aspekt der Fabrik- und Gebäudeplanung: „Jede Fabrik hat – abhängig von den hergestellten Produkten – ihre individuellen Prozesse und Anlagen. Diese sind so verschieden wie die dort gefertigten Produkte. Kommt es im Produktionsprozess zu einer Veränderung, so wirkt sich das auch auf die Gebäude aus“, so Langlotz. „In vielen Fabriken werden beispielsweise Netzwerke immer wichtiger, in denen intelligente Produktionsanlagen mit dem Gebäude interagieren. Daher ist es wichtig, die Bedarfe frühzeitig zu analysieren und die Produktionsanlagen und Immobilien flexibel zu planen und zu bauen. Das vermeidet unnötige Kosten- und Zeitverschwendung bei kurzfristigen Anpassungen.“
Laut Langlotz ist es wichtig, Anlagenlieferanten frühzeitig in die Planungen mit einzubeziehen, um ein konsequentes Anforderungsmanagement sowie ein Optimum bei Fördertechnik, Logistik und Lagerhaltung sicherzustellen. Auf diese Weise entsteht schließlich ein schlüssiges Produktionssteuerungskonzept, auf dessen Basis die Anforderungen an das Gebäude ermittelt werden können. „Aus der traditionellen Anordnung der Lieferkette wird dann zunehmend ein integriertes Wertschöpfungsketten-Ökosystem. Dem muss sich die Fabrikplanung ebenfalls anpassen – weg von starren Anlagen hin zum flexiblen System, das mehrere Fahrzeug- und Antriebsvarianten darstellen kann“, so der Branchenexperte. „Hierbei hilft uns auch die Anwendung von Omniverse-Lösungen. Wir sind hierdurch in der Lage, bereits in der frühzeitigen Konzeptionierung die Produktionsanlagen zu planen, mit dem Gebäude zu vereinen und alle Ablaufprozesse der zukünftigen Produktion gemeinsam zu simulieren. Hierdurch senken wir Kosten und schaffen bereits in der frühen Planung Stabilität bei der Realisierung und dem Betrieb. Ebenfalls können wir so auch entsprechende Flexibilität für neue Fahrzeug- und Produktderivate simulieren und weiterführende Investitionen senken“, sagt Langlotz.
Wachstum und Entwicklung der Branche sichtbar
Mit der New Manufacturing World beginnen Drees & Sommer und Dudenhöffer Konferenzserie, die international die Fortschritte und Innovationen der Branche zeigt. Nächstes großes Thema ist die NEW BATTERY WORLD, die in München am 27. und 28. Februar 2025 stattfindet. Einzigartig wird – wie beim Manufacturing-Kongress – dass die neuen Anlagen der BMW Group in München mit einer Labor-Tour und Tour durch die Prototypen-Produktion der Münchner Autobauer gezeigt werden. Es ist das erste Mal, dass BMW einen Kongress anbietet, die neuen Anlagen zu besuchen. Zudem planen Drees & Sommer und Dudenhöffer im Jahr 2025 bei der CHINA Auto, der größten Automobilmesse der Welt – diesmal in Shanghai – in einem Kongress mit den großen Playern der Branche die Innovationsthemen der Branche zu besprechen.
Weitere Informationen und Fotos zum Kongress, Speakern und Partnerunternehmen erhalten Sie unter diesem Link: New Manufacturing World