Emissions-Regulierungen sowie Energie- und Neuwagenpreise haben einen großen Einfluss auf die Wahl der Antriebsart des Pkws. Eine ebenso wichtige Rolle spielen politische Entscheidungen auf Bundes- und EU-Ebene. Inwiefern diese Faktoren wirken, zeigt sich im Verhalten der Nachfrage für Neuwagen in Deutschland.
- Benziner, Diesel, Diesel-Skandal
2015 war der Startpunkt für das Dieselgate. Bis 2015 hatte der Diesel jährlich steigende Marktanteile. Dann erfolgte bis 2018 der Umschwung in Richtung Benziner. Ausschlaggebend waren Abgaswerte, Regulierungen und regionale Fahrverbote als Folge widersprüchlicher Regulierungen.
- Vergleich der Marktanteile zwischen Elektro und Hybrid
Ab 2018 ergab sich eine neue Entwicklung. Jetzt verlieren Benziner und Diesel gleichzeitig. Es ist der Start in die Mild- und Vollhybride. Der Diesel ist weiter verschmäht wegen seines Abgasrisikos und der Benziner macht mit hohen Treibstoffpreisen den Kauf weniger attraktiv. Die Autobauer folgen dem Trend und steigen auf kostengünstigere Hybride um. Ein gutes Preis-Wert-Verhältnis ist der Beginn des Hybrid-Trends, der sich bis heute fortsetzt.
Bedeutsam: Der Stopp der Verkaufsprämien für Plug-In Hybride (PHEV) zum Jahresbeginn 2023. Eine Konsequenz war der weniger gewünschte leichte Anstieg der Marktanteile bei Diesel und Benzinern. Wenn man so will: Eine politisch verursachte Renaissance der klassischen Verbrenner (siehe blaue Kurve von Abb. 2 ab 2022) - und das ausgerechnet von einer Partei, die das Gegenteil erreichen wollte. Der Stopp der Prämie war politisch auch eine Aussage, die darauf abzielte, den Plug-In Hybrid als eine Art Mogelpackung für Elektromobilität darzustellen.
Neuwagenkäufer reagieren sehr sensibel auf Preise und politische Aussagen. Nicht nur der Stopp der Prämie brachte den deutlichen Einbruch, sondern zusätzlich das Argument, dass Plug-In Hybride eher längerfristig wenig gewünscht werden in Deutschland. Käufer reagieren auf solche Signale, denn eine Kaufentscheidung für eine bestimmte Antriebsvariante hat langfristige Auswirkungen auf den Wert und Wiederverkaufspreis der Fahrzeuge.
- Einfluss der Politik zum Ende des Elektroauto-Hochlaufs
Beide Antriebe – Plug-In Hybrid und BEV – standen für die Antriebs- und Mobilitätswende in Deutschland. Mit beiden gelang es, in dem regulativen Rahmen im Jahr 2022 einen Marktanteil von 31,4% = 17,7% + 13,7% zu erreichen. Die Elektromobilität schien in Deutschland ein neues Zuhause zu finden, Begeisterung bei Neuwagen-Interessenten machte sich breit. Infrastrukturthemen wie öffentliche Ladesäulen spielten keine Rolle. Es war die Fortsetzung der Tesla-Strategie. Emotionale Autos, Super-Charger auf Highways und gutes Preis-Wertverhältnis. Der Trend lief bis dann durch die Ampel-Regierung die Umweltprämien stückweise eingestellt wurden.
Aber es waren nicht nur die Umweltprämien, die dem Neuwagenkäufer das Elektroauto unattraktiver werden ließen. Zuletzt war die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen im Oktober 2023 mit hoher Medien-Power in der Öffentlichkeit aufgetreten mit der Ansage, das geplante Verbrennerverbot zum Jahr 2035 in der EU zu überprüfen. Die „Rettung des Verbrennerantriebs“ wurde zur industriepolitischen Parole der FDP, ADF, CDU, CSU und BSW. Man hatte gemerkt, dass man mit der Rettung des Verbrennungsmotors Wählerstimmen gewinnen konnte. Also haben sich alle Konservative darauf eingeschworen. Syn-Fuel wurden als Alternative breit öffentlich diskutiert, obgleich weder von der Produktionsseite noch von der Kostenseite fundierte und zuverlässige Fakten vorlagen.
Der Effekt auf die Autokäufer hat gewirkt. Im H1 2024 ist der Anteil der Elektroautos auf 18,6% eingebrochen. Es wird dauern, bis man wieder auf die 31% des Jahres 2022 erreicht.
- Deutschland hinkt mehr als 5 Jahre bei der Elektromobilität hinterher
Das wesentliche Argument für den Einbruch der Elektroauto-Verkäufe in Deutschland ist der hohe Preis von BEV und PHEV. Wenn also die Preis-Spreizung zwischen Verbrenner und Elektroautos verkleinert werden kann, sind wichtige Voraussetzungen erfüllt, um den „Wagen wieder in Bewegung zu bringen“. Von der politischen Seite versucht das Wirtschaftsminister Habeck mit Abschreibungserleichterungen für Elektroautos. Kürzere Abschreibungszeiten haben zwar Effekte auf die Kaufentscheidungen bei Firmenwagen, aber sie sind überschaubar. In der Vergangenheit wurde die Maßnahme schon öfter eingesetzt. Meistens, wenn die Ausgabenseite der Bundesregierung-Budgets limitiert ist. Schnellere Abschreibungszeiten bedeuten größere Steuerersparnisse bei Unternehmen. Aber diese unmittelbaren Steuerersparnisse werden beim Wiederverkauf der Fahrzeuge – also bei den Gebrauchtwagen – zum Teil wieder aufgehoben. Wenn die Restwerte der Fahrzeuge aufgrund „zügiger“ Abschreibung nach etwa 36 Monaten niedrig sind und die Fahrzeuge im Gebrauchtwagenmarkt offeriert, werden Gewinne bei Wiederverkauf gemacht, die natürlich zu versteuern sind.
4.1. Jährlicher Zuwachs durch AFA von 10% bei Firmenwagen erwartet
In einer Simulation haben wir diesen Abschreibungseffekt abgeschätzt und dabei eine sehr positive Reaktion der Firmenkunden angenommen. Die Annahme ist, dass sich der jährliche Marktanteil von Elektroantrieben für Firmenwagen durch die Abschreibungserleichterung um 10% verbessern würde.
Bei PHEVs gehen rund 65% der Verkäufe an Firmenkunden. Zulassungen für Autohändler wurden nicht berücksichtigt, da diese Fahrzeuge schnell auf den Gebrauchtwagenmarkt gelangen, der überwiegend von Privatpersonen gekauft wird.
Die Simulation zeigt, dass selbst im Jahr 2030 das „alte“ Niveau von 2022 nicht wesentlich überschritten wird. Eine schnellere Abschreibung löst unser Hochlaufproblem also nicht.
Die Entwicklung des Marktanteils bei reinem Abschreibungseffekt
4.2 Preisauswirkungen auf Elektroautos + Abschreibung
4.2. Preis-Auswirkung Elektro + Afa
Im Markt für Elektroautos ist aber ein zusätzlicher Effekt von Bedeutung: Die industrielle Preisentwicklung bei Elektroautos. Die Beobachtung ist, dass sich die Preise annähern, aber nicht im Turbo-Tempo, sondern im Schneckentempo.
Chinesische Elektroautos in Europa
Elektroautos von chinesischen Autobauern können eine wichtige Rolle bei der Preisentwicklung spielen. Auf der einen Seite ist das der Import aus China und zum anderen Aktivitäten mit CKD etwa von Leapmotor mit Stellantis in Tichy oder Fabrikbau von BYD in der Türkei. Importe aus China werden durch die Zollentscheidungen der EU-Kommission konterkariert. Das bremst die Preisentwicklung zur Verkleinerung der Preisspanne zwischen Elektro und Verbrenner ab.
Der Aufbau von Vertriebssystemen sowie die Schaffung von Markenbekanntheit von chinesischen Autobauern braucht Zeit in Deutschland. Daher wird nur ein überschaubares Wachstum bei den Fahrzeugverkäufen der Chinesen in Deutschland gerechnet.
Einbruch bei den Batterie-Preisen
Aufgrund der schwachen Nachfrage nach Elektroautos in Europa und den USA liegen deutliche Überangebote/Überkapazitäten bei Batterie-Materialien und Batteriepreisen vor. So ist der Preis für Lithium-Ionen-Eisenphosphat-Zellen in den letzten 9 Monaten um gut 40% eingebrochen.
Autobauer klagen über schlechte Kapazitätsauslastung
Derzeit existieren deutlich Überkapazitäten bei Elektroautos. Tesla etwa hat Produktionskapazitäten für 2,4 Mio. Fahrzeuge pro Jahr, allerdings werden in diesem Jahr nach unserer Einschätzung rund 1,6 Millionen verkauft. Große Überkapazitäten bestehen auch bei VW mit seinem Werk in Zwickau. Damit werden Preiszugeständnisse gemacht.
Regulierungen von CO2-Emissionen bei Neuwagen
2025 treten in der EU verschärfte CO2-Vorgaben für Neuwagen in Kraft. Um diese Vorgaben zu erfüllen und um Strafzahlungen zu vermeiden, braucht es eine Steigerung der Elektroautoverkäufe und damit Preiszugeständnisse.
Besseres Preis-Wert-Verhältnis bei neuen Elektroauto-Modellen
Neben den Argumenten oben zum Preisdruck werden das Modellangebot sowie die Fahrzeugeigenschaften, wie etwa Reichweite, kontinuierlich bei Elektroautos verbessert.
Durchführung einer Simulation
Für unsere Simulation gehen wir aufgrund der o.a. Argumente von einer jährlichen Steigerung von 10% der Penetration bei Elektroautos durch Preisdruck und neue Modelle.
Fazit: Mehr als 5 Jahre „verloren“
Selbst bei diesen sehr optimistischen Annahmen für die Fortentwicklung der Elektromobilität in Deutschland gibt es eine Lücke vom letzten Peak im Jahr 2022 von mehr als 5 Jahren bis zum Jahr 2028 bzw. 2027.
Deutschland verliert den Anschluss bei diesem großen Zukunftsthema der Mobilität. Ein Großteil dieses Problems wird durch gegensätzliche Politikentscheidungen und Diskussionen verursacht.
Die DATEN Benzin
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Diesel
|
PHEV
|
BEV
|
Sonstige: (Mild und Voll) Hybrid +Gas
|
PKW Markt BRD
|
2014
|
50,5%
|
47,8%
|
0,0%
|
0,3%
|
1,4%
|
3.036.773
|
2015
|
50,3%
|
48,0%
|
0,0%
|
0,4%
|
1,4%
|
3.206.042
|
2016
|
52,1%
|
45,9%
|
0,4%
|
0,3%
|
1,2%
|
3.351.607
|
2017
|
57,7%
|
38,8%
|
0,9%
|
0,7%
|
1,8%
|
3.441.262
|
2018
|
62,4%
|
32,3%
|
0,9%
|
1,0%
|
3,3%
|
3.435.778
|
2019
|
59,2%
|
32,0%
|
1,3%
|
1,8%
|
5,8%
|
3.607.258
|
2020
|
46,7%
|
28,1%
|
6,9%
|
6,7%
|
11,7%
|
2.917.678
|
2021
|
37,1%
|
20,0%
|
12,4%
|
13,6%
|
16,9%
|
2.622.132
|
2022
|
32,6%
|
17,8%
|
13,7%
|
17,7%
|
18,2%
|
2.651.357
|
2023
|
34,4%
|
17,1%
|
6,2%
|
18,4%
|
23,9%
|
2.844.609
|
2024 H1
|
37,4%
|
18,7%
|
6,1%
|
12,5%
|
25,3%
|
1.471.641
|