Mit der fortschreitenden Digitalisierung von Fertigungsanlagen jeder Größe und verschiedensten Funktionen gilt es, das Sammelsurium an Daten zusammenzuführen und Prozesse zu optimieren. Digitale Zwillinge stellen die Produktionsstraße oder gar ganze Anlagen sowohl in hoher optischer Qualität als auch mit identischen Parametern der realen Produktion dar. Dadurch helfen sie nicht nur im laufenden Betrieb, sondern können auch Blaupausen vor der finalen Konstruktion auf größtmögliche Effizienz optimieren.
Der Klon, dem Tests nichts ausmachen
Der langwierige Weg zur optimierten Fertigungsstraße stellt Unternehmen häufig vor Hindernisse. Die Veränderung weniger Parameter im laufenden Betrieb können sich zu einem kaskadierenden Problem aufschaukeln und die Produktion im schlimmsten Fall sogar stoppen. Der Worst Case trifft natürlich nur selten ein, trotzdem geben digitale Repliken eine gewisse Sicherheit: Statt die Produktion als Versuchskaninchen einzusetzen, können Simulationen am Computer weitestgehend Abhilfe schaffen.
Die Rechenkraft moderner Computer reicht aus, um alle wichtigen Parameter jeden Bauteils einer Fertigungsstraße zu erfassen und simulieren. Gefüttert mit detailgetreuen 3D-Modellen der Anlagen, den identischen Regelungs-Algorithmen und weiteren bekannten Faktoren bietet der Zwilling ein hervorragendes Testfeld für Versuche, die an einer laufenden Maschine niemals getestet werden könnten - sei es wegen zu hohem Risiko, Produktionsausfall während der Testphase oder auch für Übungszwecke.
Die Replik simuliert den Weg der Stoffe und bietet so ein optisches Feedback, das direkt auf mögliche Fehlerquellen oder zukünftige Störquellen hinweist. Diese Informationen können das Personal bereits im Vorfeld auf nötige Wartungsarbeiten vorbereiten und bieten weitere Einblicke in die Effizienz des Gesamtsystems.
Digitaler Zwilling: Prototyp hilft schon vor Inbetriebnahme
Immer häufiger wird der digitale Zwilling bereits vor der eigentlichen Fertigungsstraße errichtet - respektive programmiert. Etwa können Ingenieure schon vor einem Millionen-Investment zahlreiche Einstellungen testen und die Kompatibilität verschiedenster Bauteile überprüfen. Die Achenbach Buschhütten GmbH hat sich unter anderem auf die Konstruktion von Walzwerken spezialisiert. Durch die Ausmaße ihrer Anlagen entwirft das Unternehmen zuerst einen Zwilling und optimiert ihn auf die Anforderungen des Kunden. Im Anschluss kann das Walzwerk in der echten Welt errichtet werden. Das finale Produkt ist häufig schneller einsetzbar als Anlagen, die auf reinen Berechnungen basieren. Immerhin konnten die richtigen Parameter im Vorfeld ermittelt werden, noch bevor die erste Rolle Stahl das Werk durchlief. Die Genauigkeit der Simulation ist groß genug, dass nur kleine Anpassungen nötig sind.
Die Aschenbach Buschhütten GmbH setzt ebenfalls auf Virtual Reality als Kerntechnologie. Schon seit einigen Jahren ist Virtual Reality nicht mehr reine Zukunftsmusik. Im Vergleich zu konventionellen Alternativen rechnet sich die Erstellung eines 3D-Modells schnell, wenn die Technologie im Unternehmen umfangreich eingesetzt wird. Mit der komplett digitalisierten Leitwarte und Produktionsstraße kann das Unternehmen nicht nur Personal an jedem beliebigen Ort schulen. Auch zukünftige Reparaturen lassen sich kostengünstig und ohne Risiko durchführen, bevor die 'echte' Anlage ausgebessert wird.
Zusätzlich lässt sich das detaillierte 3D-Modell auch für Vertriebs- und Marketingzwecke nutzen. Potenzielle Kunden können sich das Endprodukt besser vorstellen, als es bei Skizzen oder Fotos der Fall wäre. Für Messen und Ausstellungen entfällt der Faktor Logistik, welcher besonders für große Produktionsanlagen und Exponate nicht zu vernachlässigen ist.
Noch bevor Auszubildende sich an die echte Anlage wagen, können sie mit einem virtuellen Modell extensiv üben. Es gibt kein Risiko und Arbeitsschritte lassen sich auf Wunsch so häufig wiederholen wie nötig. Auch Sicherheitsschulungen sind inzwischen umsetzbar.
Virtual Reality im Praxis-Check
Wen Sie mehr über die Virtual Reality-Technologie und die verschiedenen Einsatzszenarien in der Metallbranche erfahren möchten, lesen Sie das Thema des Monats "Industrie mit neuen Augen". Virtual Reality bietet völlig neue Möglichkeiten und kann nicht nur Prozesse optimieren, sondern auch bei der Ausbildung, Prototyping, Marketing und Nachwuchs-Akquise helfen.
Aber auch Virtual Reality kann in der Produktion nur ein Zwischenschritt sein. Der digitale Zwilling bietet die Möglichkeit, zukünftig Augmented Reality zu nutzen: Hierbei wird nicht nur - wie bei Virtual Reality - ein Computerbild angezeigt, sondern zusätzlicher digitaler Inhalt auf die echte Maschine projiziert. Wie das zukünftig aussehen könnte, zeigt unter anderem Microsoft mit der Hololens. Wartungspersonal kann mit einer Datenbrille Infos zu jedem Bauteil bekommen, welches gerade betrachtet wird - sei es die Geschwindigkeit eines Fließbandes, die aktuelle Temperatur eines Gegenstandes oder auch den genauen Anzugsmoment jeder Schraube. So wird die Wartung effizienter und die Suche nach Handbüchern und technischen Zeichnungen gehört der Vergangenheit an.
Die Otto Junker GmbH bereitet ihre Produkte bereits auf die Zukunft vor: An jedem Bauteil sind kleine QR-Codes zu finden, die - einmal mit einer Kamera gescannt - alle Details liefern: Sowohl Stücklisten als auch Zeichnungen und Datenblätter. Mit webbasierten Anwendungen ist es dem Personal zusätzlich möglich, unabhängig vom Ort Änderungen am System vorzunehmen und aktuelle sowie historische Prozessdaten zu erhalten.
Die Zukunft des virtuellen Zwillings ist die vollkommene Verschmelzung der digitalen Prozesse mit echten Maschinen. Dauerhaftes Monitoring und schnelle Eingreif-Optionen für das Personal gehören heute schon zum guten Ton, die Fusion aller erhobenen Daten ist jedoch oft eine große Baustelle. Technologie und Software wie von Otto Junker oder Achenbach wird von Generation zu Generation leistungsfähiger und günstiger und wird in wenigen Jahren nicht mehr wegzudenken sein.